Notzucht
Karl Hörmann
Lexikon der christlichen Moral

LChM 1969, Sp. 928-930


Unter N. (Vergewaltigung, lat. stuprum) verstehen wir die gewaltsame Nötigung einer Frau zum außerehel. Verkehr. Um N. handelt es sich immer, wenn die Frau nicht zustimmt, also auch, wenn sie sich in einem entscheidungsunfähigen Zustand (Schlaf, Trunkenheit, Schwachsinn, kindl. Unwissenheit) befindet. Die angetane Gewalt muß nicht physisch sein, sie kann auch in moralischem Zwang bestehen.

N. ist schwere Sünde. In ihr steckt die Schlechtigkeit des unehel. Geschlechtsverkehrs, bes. ausgeprägt aber der Verstoß gegen die Liebe zum Partner: Aus eigensüchtigem Luststreben ohne personale Liebe nötigt eine Person eine andere gegen ihren Willen u. gegen ihr Recht zum Verkehr u. tut ihr ein Unrecht an; das, was Liebe ausdrücken u. pflegen sollte, ist so in sein Gegenteil verkehrt. Die vergewaltigte Person wird dadurch meistens seelisch tief verwundet.

Aus dieser Erkenntnis heraus stellen die staatl. Gesetze N. unter Strafe (öStGB. §§ 125-128; dStGB. §§ 176-179; schwStGB. Art. 187-179). Im AT wird die Vergewaltigung v. Jungfrauen, bes. v. verlobten, bestraft (Dtn 22,25-29). Ebenso setzt das kirchl. Recht Strafen fest (CICcc. 2357.2359).

Die vergewaltigte Person ist v. Sünde frei, wenn sie sich nicht rein negativ od. zulassend verhält, sondern Widerstand leistet, u. zwar nicht nur innerl. dem Geschehen nicht zustimmt, sondern auch im Äußern nach Möglichkeit die Gewalt abzuwenden sucht (vgl. Dtn 22,23 f). Die vergewaltigte Frau darf versuchen, durch nachträgl. Waschungen od. andere Mittel die Empfängnis zu verhindern, ein schon empfangenes Kind aber darf sie nicht töten. In Verhältnissen, in denen die Gefahr der N. groß ist, dürfen sich Frauen v. vornherein gegen die Folgen durch zeitweilig sterilisierende Medikamente schützen.


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