Gesetz
Karl Hörmann
Lexikon der christlichen Moral

LChM 1976, Sp. 699 f


1. Im weitesten Sinn kann man G. als Regel für ein Geschehen verstehen.

Den G.en, die die Naturwissenschaften für ihren Bereich erforschen, unterstehen (wenn sie wirkl. gesicherte Regeln sind) die betreffenden Abläufe zwangsmäßig. Von den Natur-G.en sind die G.e zu unterscheiden, die sich an die freie Entscheidung des Menschen wenden. Sie binden nicht in der Art des unentrinnbaren Müssens, sondern in der Art des Sollens, dem man sich entwinden kann, freil. mit der Aussicht, von entsprechenden Sanktionen betroffen zu werden.


2. Im sittl. Bereich haben G.e der zweiten Art große Bedeutung. Umfassend kann man hier als G. jegl. Weisung für das freie Handeln verstehen, die den Menschen bindet, weil sie etwas fordert, was zur Verwirklichung seiner wesentl. Bestimmung (Liebe) notwendig ist (Sittl. G.). G. in diesem Sinn deckt sich mit dem ebenfalls weiter verstandenen Gebot.

Wo sich menschl. Gemeinschaften bilden, bedarf das Zusammenleben in ihnen der Regelung. Dauerregeln von Gemeinschaften größeren Umfanges werden G.e genannt. Sie können sich auch durch Gewohnheit bilden, werden aber meistens von befugten G.-gebern geschaffen (Menschl. G., Kirchl. G., Bürgerl. G.). Da sie dem Gemeinwohl dienen u. der Einzelmensch auf das Gemeinwohl verpflichtet ist, binden solche G.e unter entsprechenden Voraussetzungen im Gewissen. Allerdings kann die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, daß ein menschl. G. im großen u. ganzen für die Allgemeinheit, nicht aber für jeden einzelnen das sittl. Richtige trifft. Jene, denen das G. nicht gerecht wird, haben dann im Gewissen das Recht, sich einem Verhalten zuzuwenden, das ihren Gegebenheiten entspricht (Dispens, Privileg; Epikie).


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