Firmung
Karl Hörmann
Lexikon der christlichen Moral

LChM 1969, Sp. 381-388


1. Nach dem Bericht des NT teilten die Apostel den Getauften durch Gebet u. Handauflegung den Hl. Geist mit (Apg 8,15-17; 19,5 f). Nun bewirkt schon die Taufe die Wiedergeburt aus Wasser u. Geist (Joh 3,5). Was die Apostel an den Getauften taten, war dazu bestimmt, das in der Taufe empfangene Gnadenleben zu jener Fülle im Geist zu entfalten (vgl. Apg 2,38 f), v. der Jesus in seinen Verheißungen gesprochen hatte (Lk 24,49; Joh 7,37-39; 14,26; 15,26; 16,7 f.13 f; Apg 1,4-8) u. die ihnen selbst am Pfingstfest in Erfüllung des Prophetenwortes (Joel 3,1-5; Apg 2,16-21) gegeben worden war (Apg 2,1-13). Die Kirche unterscheidet daher jene Handauflegung als eigenes Sakrament v. der Taufe u. nennt sie Firmung (D 785 794 860 1310 1317 1601 1628 1864 2536 3444 [419 424 465 695 697 844 871 996 1470 2044]).

Diese sakramentale Geistspendung erscheint im NT als etwas Einmaliges: Durch sie wird dem Christen ein für allemal ("sakramentaler Charakter", Unwiederholbarkeit, D 1313 1609 1628 1767 2536 [695 852 871 960 1470]) die Gnadenanlage zur vollen Entfaltung des Lebens im Geist (D 123 215 785 831 1311 1319 [53 98 419 450 695 697]), zur Ausformung u. Bewahrung des Glaubens in allen Lebenslagen (D 1311 [695]; vgl. Thomas v. A., S.Th. 3 q.72 a.5), zum Zeugnis für Christus (Joh 15,27; Apg 1,8; 1 Kor 12,3), zum Aufbau des mystischen Leibes Christi (1 Kor 12,1-31; Eph 4,12) geschenkt.

Im Hinblick auf ihre Wirkungen kann die F. als Sakrament des Hl. Geistes od. der Reife des Gnadenlebens bezeichnet werden.

2. Was in der Taufe angefangen hat, soll durch die F. vollendet werden ("Ihr aber werdet mit dem Hl. Geiste getauft werden", Apg 1,5; vgl. D 120 f 123 [52 d e 53]; das 2. Vat. Konz., Sacrosanctum Concilium 71, wünscht, daß in einem überarbeiteten Firmritus der Zusammenhang dieses Sakraments mit der gesamten christl. Initiation besser aufleuchte, etwa auch durch Erneuerung des Taufversprechens vor Empfang der F.). Dem Christen legt sich daher der Empfang dieses Sakraments nahe.

a) Zwar läßt sich eine unbedingte Heilsnotwendigkeit der F. weder aus der Hl. Schrift noch aus der kirchl. Lehre nachweisen (vgl. D 2523 [-]; CICc. 787; Thomas v. A., S.Th. 3 q.72 a.1 ad 3). Wegen der größeren Fülle des Heiles aber, zu der dieses Sakrament den Getauften führen soll, wünscht die Kirche, daß kein kath. Christ den Empfang bei gegebener Gelegenheit unterläßt u. daß die Seelsorger dazu anleiten (D 794 [424]; CICc. 787); durch verächtl. Zurückweisen kann man sogar schwer schuldig werden (D 1259 2523 [669 - ]).

Vorgeschrieben wird der Empfang der F. denen, die in ein Ordensnoviziat aufgenommen od. zur Tonsur zugelassen werden wollen (CICc. 544 § 1; c.974 § 1 n.1). Ferner wünscht die Kirche, daß Heiratskandidaten sich vor Eingehen der Ehe firmen lassen sollen, wenn es leicht geschehen kann (CICc. 1021 § 2).

b) Damit das Sakrament zustandekomme u. seine Gnadenfrucht bringe, muß der Empfänger bestimmte Voraussetzungen erfüllen.

b 1) Da die F. das in der Taufe empfangene übernatürliche Leben vollenden soll, kann sie nur ein Getaufter empfangen (CICc. 787), der noch nicht gefirmt ist.

b 2) Für den entscheidungsfähigen Firmling kommt die F. nur zustande, wenn er gefirmt werden will.

b 3) Da die F. ein Sakrament der Lebenden ist, setzt sie für ihr Fruchtbarwerden den Gnadenstand des Empfängers voraus (CICc. 786). Der Firmling, der sich schwerer Sünde bewußt ist, hat die Pflicht, sich vor der F. durch entschiedene Reue, am besten in Verbindung mit dem Bußsakrament, um Versöhnung mit Gott zu bemühen.

b 4) Als Sakrament, das die Gnadenausrüstung zur Fülle christlichen Lebens gewährt, gibt die F. dem Empfänger auch einen Auftrag: eben die volle Ausgestaltung u. Bewahrung des Christseins in allen Bereichen (vgl. 2. Vat. Konz., Lumen gentium 11 33). Sinnvoll empfängt die F. nur, wer dazu bereit ist. Diese Bereitschaft kann nur haben, wer die Tragweite des Auftrags einigermaßen ermißt. Dies wird dem Menschen erst in einem Alter möglich, in dem er geistig schon erwacht ist (vgl. Cat. Rom. II 3,14). Wenn die Kirche die frühere, in den Ostkirchen z. T. noch weiter bestehende Gewohnheit, die F. zus. mit der Taufe selbst Kindern zu spenden, auch nicht tadeln will (vgl. Vat. Konz., Ecclesiarum Orientalium 14), wünscht sie doch, daß im lat. Ritus die Spendung bis wenigstens zum 7. Lebensjahr aufgeschoben werde (CICc. 788; Com. Cod. 16.6.1931, AAS 1931, 353). Sie ist aber damit einverstanden, daß die F. schon vor dem 7. Lebensjahr gespendet wird, wenn ein Kind in Todesgefahr schwebt od. es dem Spender aus triftigen Gründen so gut scheint (CICc. 788; C. Sacr. 30.6.1932, AAS 1932, 271). Als passendste Altersstufe werden die Jahre vor Ende der Schulpflicht angesehen.

Ein Hauptgrund der Altersvorschrift ist die Ermöglichung der notwendigen Unterweisung, die den Firmling auf den sinnvollen Empfang vorbereiten soll (CICc. 786; C. Sacr. 30.6.1932, 14.9.1946; AAS 1932, 271; 1946, 350). Sie soll nicht nur das Verlangen nach dem Sakrament wecken u. seinen gültigen u. würdigen Empfang sichern (vgl. Cat. Rom. II 3,1), sondern auch aufzeigen, was aus ihm für die Zukunft folgt.

Ähnl. wie bei der Taufe ist bei der F. nach Möglichkeit ein Pate heranzuziehen (CICc. 793), dessen Aufgabe es ist, dem Firmling in der christl. Lebensgestaltung beizustehen ("geistl. Verwandtschaft" c.797). Damit der Pate seine Aufgabe gut erfüllen kann, soll er nur einige wenige Firmlinge zu betreuen haben; umgekehrt soll auch der Firmling nur einen Paten haben (c. 794). Die Voraussetzungen einer gedeihl. Firmpatenschaft decken sich im wesentl. mit denen der Taufpatenschaft; außerdem soll der Firmpate selbst gefirmt sein (vgl. cc. 795 f).

3. Um gültig u. erlaubt firmen zu können, muß der Spender bestimmte Voraussetzungen erfüllen.

a) Die Firmgewalt besitzen ordentlicherweise der Bischof u. außerordentlicherweise der Priester.

a 1) Ordentlicher Spender der F. ist nur der Bischof als Träger des Apostelamtes (D 120 f 183 215 320 785 794 831 860 1069 1318 1630 1768 1777 2588 [52 d e 88 98 - 419 424 450 465 572 697 873 960 967 - ]; 2. Vat. Konz., Lumen gentium 26; CICc. 782 § 1). Der Diakon Philippus predigt u. tauft zwar in Samaria, zur F. aber ziehen Petrus u. Johannes hin (Apg 8,4-17); in Ephesus firmt Paulus die auf den Namen Jesu Getauften (Apg 19,6). "Wie beim Hausbau die gewöhnl. Arbeiter als untergeordnete Hilfskräfte Steine, Mörtel, Bauholz u. das übrige Baumaterial heranbringen u. damit das Haus aufbauen, die eigentl. Vollendung des Werkes aber Sache des Baumeisters ist, so muß auch dieses Sakrament, das gleichsam die Vollendung des geistigen Baues darstellt, gerade vom Bischof u. nur v. ihm gespendet werden" (Cat. Rom. II 3,13).

In seiner Diözese hat der Bischof uneingeschränktes Firmrecht, auch an Orten, die sonst v. seiner Leitungsgewalt ausgenommen (exemt) sind (CICc. 792), u. Fremden gegenüber, wenn nicht deren eigener Ordinarius ein ausdrückl. Verbot ausgesprochen hat (c.783 § 1). Auf fremdem Gebiet darf er nur seine eigenen Diözesanen in einfacher Form firmen; sonst bedarf er zum Firmen der Erlaubnis des zuständigen Ortsordinarius (c.783 § 2). Dem Recht des Bischofs entspricht seine Pflicht, den Gläubigen Gelegenheit zum Empfang dieses Sakraments zu bieten, bes. zur Zeit der Visitation der Diözese (c.785 § 1), die er wenigstens alle fünf Jahre vornehmen soll (c.344 § 1).

a 2) Der außerordentl. Spender der F. ist der Priester, dem entweder vom allg. Recht od. durch besonderes Apost. Indult diese Vollmacht gewährt wurde (D 187 215 1070 f 1318 2522 2588 [- 98 573 f 697 1458 -]; 2. Vat. Konz., Ecclesiarum Orientalium 13; CICc. 782 § 2). Viel spricht für die Auffassung, daß jeder Priester schon in der Weihe mit der Firmgewalt ausgerüstet, jedoch durch kirchl. Gesetz an ihrer Ausübung gehindert wird, wenn ihm nicht eine ausdrückl. Vollmacht erteilt wird. Vom allg. Recht sind zur F. bevollmächtigt 1. die Kardinäle überall (CICc. 239 § 1 n.23; sie sind allerdings heute ausnahmslos geweihte Bischöfe), 2. die Äbte u. Prälaten nullius, die Apost. Vikare u. Präfekten innerhalb ihres Gebietes u. auf die Dauer ihres Amtes (c.782 § 3), 3. die Pfarrer u. alle Inhaber der Stellung eines Pfarrers für ihre Pfarren, wenn ein Sterbender, der noch nicht gefirmt ist, die F. verlangt u. ein Bischof nicht zu ihm kommen kann ("Notfirmung", C. Sacr. 14.9.1946, AAS 1946, 349-354), u. in Abwesenheit des Pfarrers die Seelsorger v. Krankenhäusern, Kinderheimen u. Gefängnissen, soweit sie vom Ortsordinarius ermächtigt wurden, für ihre Anstalten (Paul VI., "Pastorale munus", 30.11.1963, I 12), 4. die Priester der Ostkirche für Gläubige eines jeden Ritus (2. Vat. Konz., Orientalium Ecclesiarum 13 f; die Erlaubtheit der Spendung hängt v. der Einhaltung der näheren Vorschriften ab, ebd. 14). In welchem Ausmaß Priester, die durch besonderes Indult bevollmächtigt sind, firmen können, ist in ihrem Indult angegeben. Allg. können bevollmächtigte lat. Priester auch ostkirchlichen Gläubigen das Sakrament gültig spenden, haben zur Erlaubtheit aber die allg. u. besonderen Vorschriften einzuhalten (2. Vat. Konz., Orientalium Ecclesiarum 14).

Wenn Priester mit der Firmgewalt ausgerüstet werden, geschieht es zugunsten v. Gläubigen; sie sind dann verpflichtet, diesen Gläubigen Gelegenheit zum Empfang des Sakraments zu bieten (vgl. CICc. 785 § 2).

b) Um wirkl. zu firmen, muß der Spender firmen wollen. Erlaubt spendet er das Sakrament nur, wenn er sich im Gnadenstand befindet.

c) Den ernsten Willen, das Sakrament zustandekommen zu lassen, erweist der Spender durch die nötige Aufmerksamkeit, die er aufwendet, um die wesentl. Handlung (Materie u. Form) richtig zu setzen.

c 1) Das bei der F. zu verwendende stoffl. Element (entfernte Materie) ist das vom Bischof geweihte Chrisma, eine Mischung v. Olivenöl u. Balsam (D 187 831 1317 f 1992 2588 [- 450 697 697 1086 -]; CICc. 781 § 1). Nach dem Konz. v. Florenz versinnbildet das Olivenöl den Glanz des guten Gewissens, der Balsam den Wohlgeruch des guten Rufes (D 1317 [697]), nach dem Cat. Rom. (II 3,8 f) das Olivenöl die Gnadenfülle, der Balsam den Duft christlicher Tugend u. die Bewahrung vor der Zerstörung durch die Sünde.

Auch wenn ein bevollmächtigter Priester die F. spendet, muß er die Beziehung zum Bischof dadurch wahren, daß er v. diesem geweihtes Chrisma verwendet (D 187 1068 1318 1992 2588 [- 571 697 1086 -]; CICc. 781 § 1). Erlaubt ist die Spendung außer dem Notfall nur mit Chrisma, das vom eigenen Bischof am letzten Gründonnerstag geweiht wurde (CICc. 734 § 1; c.735; Rit. Rom. III 1,3).

Die sakramentale Handlung (nähere Materie) der F. besteht in der Handauflegung, verbunden mit der Salbung mit Chrisma an der Stirne (CICcc. 780.781 § 2). Durch Handauflegung (D 120 123 183 320 785 794 831 860 [52 d 53 88 - 419 424 450 465]) spendeten die Apostel das Sakrament (Apg 8,17; 19,6; vgl. Augustinus, In 1 Io tr. 6,10; In Ps 20 en. 2,14; In Ps 130 en. 5; PL 35,2025 f; 36,247; 37,1706). Die Salbung mit Chrisma an der Stirne (D 785 794 831 1319 1990 2522 [419 424 450 697 - 1458]) taucht in der Tradition erst später auf (vgl. Cyrill v. Jer., Catech. 21,3; 22,4; PG 33,1089.1101; Augustinus, In Io ev. tr. 118,5; In 1 Io tr. 3,5; PL 35,1950.2000); sie eignet sich vorzügl. als Zeichen der F., durch die der Christ zur mutigen Bewährung seines Glaubens, auch in der Öffentlichkeit, gestärkt werden soll (vgl. D 1319 [697]; Thomas v. A., S.Th. 3 q.72 a.9).

c 2) Die Worte, die die Handlung als Sakrament bestimmen (Form), heißen im lat. Ritus: "Ich bezeichne dich mit dem Zeichen des Kreuzes u. stärke dich mit dem Chrisma des Heiles im Namen des Vaters u. des Sohnes u. des Hl. Geistes" (D 1317 [697]). In der griech. Kirche ist die Form "Siegel der Gabe des Hl. Geistes" gebräuchl.

c 3) Außer der wesentl. sakramentalen Handlung muß der Spender auch die übrigen Zeremonien, die v. der Kirche vorgeschrieben sind, vollziehen u. die sonstigen kirchl. Bestimmungen über die F. einhalten. Er darf dieses Sakrament zu jeder Zeit spenden, wenn auch die Pfingstzeit am besten dazu paßt (CICc. 790; Rit. Rom. II 3,1). Aus triftigem Grund darf er es an jedem geziemenden Ort tun, wenn sich auch die Kirche am besten dazu eignet (CICc. 791).

d) Zu den Pflichten des Spenders zählt es, nach Möglichkeit darauf zu achten, daß die Firmlinge mit dem nötigen Wissen ausgerüstet u. in der geziemenden inneren Verfassung sind.


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